Besonderheiten bei Verkehrsverstößen

Als Autofahrer müssen Sie in gewisser Weise auch ein Experte für unser Rechtssystem sein, sich aber mindestens auf dem Laufenden halten. Praktisch jedes Jahr ändern sich die Verkehrsbestimmungen und im Zweifelsfall auch die Bußgelder oder Strafen bei Verstößen gegen die Verkehrsordnung. Tatsächlich sind viele Verkehrsteilnehmer auch wirklich interessiert daran, genau über die Bestimmungen Bescheid zu wissen. Als Fahranfänger sollte man sich ja eigentlich gut mit den Vorschriften auskennen, doch je länger die Führerscheinprüfung zurückliegt, desto mehr Gesetze und Vorschriften sind geändert worden. Nachdem unser Ratgeber-Beitrag zum Thema Verkehrsrecht vom September 2019 so viele Leser gefunden hat, haben wir uns entschlossen, gleich noch einen entsprechenden Beitrag nachzulegen. Heute geht es um Besonderheiten bei Verstößen gegen das Verkehrsrecht. Manche davon sind kaum bekannt. Für andere halten sich hartnäckig falsche Annahmen, die nicht nur irreführend sind, sondern sogar richtig teuer werden können.

  • Mit dem Auto qualifiziert über rote Ampeln fahren
  • Fahrverbot in der Urlaubszeit?
  • Wiederholungstäter müssen das Auto stehen lassen
  • In Tateinheit können Verkehrsverstöße billiger sein

Mit dem Auto qualifiziert über rote Ampeln fahren

Kennen Sie als Autofahrer den Unterschied zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Verstoß? Das hat weniger etwas mit Ihrer Ausbildung zu tun als mit einer Absicht, die man in der Rechtsprechung als Vorsatz bezeichnet. Üblicherweise wird diese Unterscheidung also angewendet, wenn der Verstoß keinesfalls mehr auf ein Versehen oder Unkenntnis zurückzuführen ist. Im Verkehrsrecht wird generell nur beim Überfahren von roten Ampeln von einfachen oder qualifizierten Verstößen gesprochen. Die Einstufung als qualifiziert wird sich erheblich auf die Höhe der Strafe auswirken. Da der Gesetzgeber bei dieser Art Vergehen nicht entscheiden bzw. nachweisen kann, ob ein Vergehen aus Versehen oder mit Vorsatz begangen wurde, hat er eine zeitliche Unterscheidung zugrunde gelegt.

Ordnungswidrigkeit oder Strafverfahren

Ein einfacher Verstoß liegt beim Überfahren der roten Ampel vor, wenn die Rotphase noch nicht länger als eine Sekunde gedauert hat. Dann billigt der Gesetzgeber dem Fahrer ein mögliches Versehen zu. Damit stellt dieses Vergehen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg und einem Bußgeld in Höhe von 90 Euro geahndet wird. Dieser Satz kann sich allerdings noch erhöhen. Falls es nämlich infolge des Überfahrens der Ampel zu einer Gefährdung kommt oder gar eine Sachbeschädigung auftritt, wird es teurer. 240 Euro sind dann zu berappen, es werden zwei Punkte vergeben und es wird ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Immerhin bleibt es bei dem Fakt der Ordnungswidrigkeit. Ist es dagegen länger als eine Sekunde her, dass die Ampel auf rot geschaltet hat, geht der Gesetzgeber automatisch von einem Vorsatz aus und spricht vom qualifizierten Vergehen. Wichtig ist, dass es dabei völlig unerheblich ist, ob Sie die Ampel vielleicht gar nicht bemerkt haben oder schlechtes Wetter die Sicht eingeschränkt hat. Wenn der Richter kein Einsehen hat, wird er ein Versehen bei der Beurteilung ausschließen.

Damit wird die Ordnungswidrigkeit in vielen Fällen zu einer Straftat. Das hat ernsthafte Konsequenzen. Jetzt greift kein Bußgeldkatalog mehr, sondern der Richter entscheidet nach Ermessen. Das Strafmaß beginnt bei 200 Euro aufwärts und es gibt mindestens zwei Punkte in Flensburg. Dazu aber kann je nach Schwere des Falls ein Fahrverbot kommen oder sogar ein Führerscheinentzug die Folge sein. Wenn schwerwiegende Folgen für andere Verkehrsteilnehmer oder schwere Sachbeschädigung dazu kommen, führt das zu einer Gerichtsverhandlung. In deren Verlauf kann schlimmstenfalls neben anderen Strafen auch eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Dauer verhängt werden. Als Fahranfänger muss dazu in beiden Fällen auch noch ein Aufbauseminar in der festgelegten Frist belegt werden, sonst droht der Führerscheinentzug. Die Probezeit verlängert sich um ganze zwei Jahre.

Fahrverbot in der Urlaubszeit?

In seltenen Fällen kann ein Einspruch gegen das Urteil oder das Bußgeld Erfolg haben. Dann aber müssen Sie schon nachweisen, dass z.B. die Gelbphase zu kurz für diese Art Straße und die erlaubte Geschwindigkeit war. Das ist kein ganz leichtes Unterfangen. An dieser Stelle können wir auch gleich eine andere Regelung klarstellen, die von Autofahrern häufig unterschiedlich interpretiert wird. Wenn man zu einem Fahrverbot verurteilt wurde, kann man sich als Berufskraftfahrer das Datum aussuchen, zu dem das Fahrverbot beginnt. Stimmt das? Oder doch eher nicht? Es stimmt unter ganz bestimmten Bedingungen, zu denen allerdings nicht gehört, ob Sie Berufskraftfahrer sind. Jeder darf entscheiden, in welchem Zeitraum er auf den Führerschein verzichten will, wenn

  • das Fahrverbot erstmals ausgesprochen wurde bzw. das letzte Fahrverbot länger als zwei Jahre zurückliegt. Ansonsten gilt man als Wiederholungstäter und darf sich den Zeitraum nicht aussuchen.
  • das Fahrverbot tatsächlich nur einen Monat beträgt. Bei zwei oder drei Monaten gibt es keine freie Wahl.
  • der von Ihnen gewählte “Wunschtermin” zum Antritt des Fahrverbots innerhalb von vier Monaten nach Rechtsgültigkeit des Bescheids liegt. Dann können Sie sich sogar den Tag aussuchen.

Selbst der Grüne Pfeil kann teuer werden

Wenn wir jetzt schon bei der roten Ampel sind, können wir auch einige Worte zum “Grünen Pfeil” verlieren. Manche älteren Autofahrer kennen diese sinnige Einrichtung immer noch nicht, obwohl es sie jetzt schon Jahrzehnte bei uns gibt. Sie wurde seinerzeit als eine der seltenen Ausnahmen aus dem Verkehrsrecht der DDR übernommen. Der grüne Pfeil wird allerdings bis heute relativ selten angewendet. Bei einem grünen Pfeil an der Kreuzung auf Ihrer Spur darf an einer roten Ampel rechts abgebogen werden. Wissen Sie auch unter welchen Umständen? Diese Genehmigung gilt, wenn kein Kreuzungsverkehr auftritt und wenn der Fahrer vorher kurz angehalten und genau geschaut hat, ähnlich wie bei einem Stoppschild. Ansonsten wird ebenfalls ein Punkt in Flensburg vergeben, und man zahlt je nach Gefährdung zwischen 90 und 120 Euro.

Wiederholungstäter müssen das Auto stehen lassen

Es ist schon so ein Problem mit den Wiederholungstätern. Zwar hatten wir oben erwähnt, dass es den Ausdruck “qualifizierter Verstoß” nur bei Rotlichtverstößen gibt, aber auch in vielen anderen Fällen kann es zu einer ganz unterschiedlichen Bewertung eines Fehlverhaltens im Straßenverkehr kommen. Wird ein Autofahrer als Wiederholungstäter eingestuft, steigen bei manchen Vergehen die Strafen an. Wann und bei welchen Vergehen gilt man als Wiederholungstäter? Und hat das vielleicht etwas mit den Begriffen “Tateinheit” und “Tatmehrheit” zu tun? Auch im Bereich dieser Regelungen gibt es viele Missverständnisse bei Autofahrern, daher klären wir das gerne nochmal ab.

Zweimal im Jahr ist einmal zu viel

Der Sachverhalt einer Wiederholungstäterschaft tritt vor allen bei den Geschwindigkeitsübertretungen auf. Wer sich häufiger mit dem Handy beim Texten oder Telefonieren erwischen lässt, gilt nicht als Wiederholungstäter. Dennoch kann die Strafe für den zweiten, dritten oder vierten Verstoß nach Ermessen höher ausfallen. Nur wird hier dann von “Beharrlichkeit” gesprochen. Dagegen sind die Regelungen bei Wiederholungstaten im Bereich der Geschwindigkeit eindeutiger. Wer innerhalb eines Jahres zweimal mit einer Geschwindigkeit von mehr als 25 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit geblitzt wird, wird laut Bußgeldkatalog zusätzlich zu den einzeln vorgesehenen Bußgeldern bzw. Punktevergaben in Flensburg mit einem Monat Fahrverbot belegt. Falls einer der beiden Überschreitungen innerhalb einer geschlossenen Ortschaft passiert ist oder aber deutlich höher als 25 km/h lag, wurde vermutlich bereits ein Fahrverbot verhängt. In diesem Fall erhöht sich das Fahrverbot um einen weiteren Monat. Anders sieht es aus, wenn der Fahrer zwar geblitzt wurde, aber sich das Blitzen auf eine rote Ampel bezog. Dann liegt keine Wiederholungstat vor, da es sich um unterschiedliche Vergehen handelt.

Wer wiederholt mit zuviel Alkohol am Steuer saß

Der zweite Bereich, in dem eine Wiederholung innerhalb eines gewissen Zeitraums gravierende Folgen nach sich zieht, ist der Alkohol- oder Drogenmissbrauch am Steuer. Der Grenzwert für Sanktionen im Bereich des Alkohols liegt bekanntlich bei 0,5 Promille. Auch mit weniger Alkohol im Blut können Verkehrsunfälle zumindest versicherungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Wer dagegen mit mehr als 0,5 Promille ertappt wird, zahlt 500 Euro, fährt einen Monat mit dem Bus und kassiert zwei Punkte in Flensburg. Diese Sanktionen können natürlich bei höheren Werten auch ansteigen, dann jedoch muss man zusätzlich mit einem Strafverfahren rechnen. Die Grenzwerte für Drogenmissbrauch sind auch festgelegt, wir führen sie allerdings hier nicht einzeln auf. Bei Wiederholungstaten wird es bei Alkohol und bei den Drogen happig. Das Bußgeld verdoppelt sich wie die Punktezahl, und das Fahrverbot wird auf mindestens drei Monate angehoben.

Dazu kommt meist die MPU, also die medizinisch-psychologische Untersuchung für Wiederholungstäter, ohne deren erfolgreiches Bestehen man den Führerschein gar nicht erst wiederbekommt. Die MPU kann auch schon nach dem ersten Vorfall angeordnet werden, wenn die Werte entsprechend schlecht ausfallen. Das liegt jeweils im Ermessen der Behörde. Außerdem können zusätzliche Geldstrafen oder sogar Gefängnisstrafen verhängt werden. Ein Drittel der Fahrerinnen und Fahrer muss die MPU übrigens wiederholen, weil die Prüfer nicht von ihrer Tauglichkeit für den Straßenverkehr überzeugt waren.

In Tateinheit können Verkehrsverstöße billiger sein

Was bedeutet denn Tateinheit oder Tatmehrheit? Den ersten Begriff kennt man aus Krimis. Dort weist er meist auf ganz üble Verbrechen hin, wenn es sich z.B. um einen Bankeinbruch in Tateinheit mit Geiselnahme handelt. Im Bereich des Verkehrs behandelt der Begriff ebenfalls mehrere Vergehen. Bei der Tateinheit jedoch wird von diesen Vergehen nur eine “in Rechnung gestellt”. Dabei wird meist diejenige herangezogen, die die höchste Strafe oder Geldbuße nach sich zieht, wenn der Tatbestandskatalog keine Regelung für diese Tateinheit vorsieht. Dagegen werden beim Sachverhalt der Tatmehrheit alle Vergehen einzeln geahndet und die Bußen oder Strafen addieren sich auf. Wann jedoch im Einzelfall eine Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt, ist nicht völlig eindeutig geklärt und kann daher von Richter zu Richter unterschiedlich bewertet werden.

Die Tateinheit kommt so häufig vor, dass sie sogar im § 19 des Ordnungswidrigkeitengesetzes beschrieben wird. Generell kann man sagen, dass eine Tateinheit vorliegt, wenn z.B. der Autofahrer mit ein- und derselben Handlung im gleichen Zeitraum mehrere Gesetze verletzt. Zu schnelles Fahren mit dem Telefon in der Hand wird also höchstwahrscheinlich als Tateinheit gewertet. Ebenso wird bei einer Kontrolle die falsche Bereifung und das rechtswidrige Überholen als Tateinheit gewertet, obwohl es sich um ganz unterschiedliche Vergehen handelt. Hier entscheidet die Zeitgleichheit. Selbst wenn die Ordnungswidrigkeiten nacheinander begangen werden, kann es sich um Tateinheit handeln, wenn es sich um das gleiche Handlungsgefüge handelt. Das klingt etwas kompliziert, lässt sich aber an einem Beispiel erklären. Wenn der Autofahrer innerhalb der Ortschaft geblitzt wird und dann direkt danach außerhalb der Ortschaft in eine mobile Blitzanlage gerät, wird ein Richter vermutlich auf Tateinheit schließen.

Bei der Tatmehrheit werden Bußgelder addiert

Die Tatmehrheit liegt dann vor, wenn kein Handlungsgefüge erkennbar ist, die Vergehen keine natürliche bzw. rechtliche Einheit bilden und der zeitliche Zusammenhang fehlt. 30 Minuten Zeitunterschied zwischen zwei Geschwindigkeitskontrollen reichen dafür schon aus. Ebenfalls als Tatmehrheit mit den dazugehörigen einzelnen Bußgeldern wird geahndet, wenn sich bei einer Kontrolle anlässlich einer Geschwindigkeitsübertretung herausstellt, dass der TÜV schon seit einigen Monaten überfällig ist. Eine Tatmehrheit ist auch dann anzunehmen, wenn sich derselbe Tatbestand auf unterschiedliche Gegebenheiten bezieht. Wenn also der Autofahrer auf dem einen Straßenabschnitt mit zu hoher Geschwindigkeit fährt, dann für eine Weile aus freien Stücken wieder ordnungsgemäß die Grenzen einhält, danach allerdings wieder die Höchstgeschwindigkeit überschreitet, liegt Tatmehrheit vor. Dann wird es eben doppelt so teuer. Nur beim Fahrverbot gibt es eine Ausnahme. Liegen in Tatmehrheit mehrere Vergehen vor, die jeweils ein Fahrverbot nach sich ziehen würden, werden diese nicht aufaddiert. Es bleibt dann bei einem Zeitraum.