Verschärfte Messmethoden für Verbrauch und Schadstoffe bei Autos

Das sind gute Nachrichten für alle Autokäufer, die endlich relativ realistische Zahlen für den Verbrauch und die Schadstoffemissionen haben wollen. Andere mögen sich über höhere KFZ-Steuern ärgern. Die Ergebnisse der neuen Messmethoden des WLTP Verfahrens werden zwar immer noch im Alltag auf der Straße übertroffen werden, aber die massiven Unterschiede von einst gehören wohl der Vergangenheit an. In diesem Beitrag erfahren Sie alles zur Art und Weise des Verfahrens WLTP mit RDE.

Inhalt:

  • WLTP Teil 2 ab 1. September 2019
  • Probleme mit der Einführung des WLTP
  • Wie wird mit dem WLTP gemessen?
  • Kritik und Risiken der neuen Regelungen

WLTP Teil 2 ab 1. September 2019

Schon seit dem 1. September 2018 gilt das Messverfahren WLTP und der Prüfzyklus WLTC verbindlich für die Erstzulassung von Neuwagen in Europa. Damit wurde das alte Verfahren NEFZ abgelöst, das seit 1992 gültig war. Zum 1. September 2019 tritt jetzt die zweite Stufe in Kraft, die die Prüfbedingungen des WLTP und Messung der RDE noch einmal verschärfen. Was sollen diese Abkürzungen eigentlich bedeuten?

  • Messverfahren WLTP: World Wide Harmonized Light Duty Test Procedure: 
zu Deutsch "Weltweit einheitliches Testverfahren für Leichtfahrzeuge"
  • Prüfzyklus WLTC: World Wide Harmonized Light Duty Cycle: 
zu Deutsch: "Weltweit einheitlicher Prüfzyklus für Leichtfahrzeuge"
  • RDE: Real Driving Emissions: 
zu Deutsch: "Messung der Abgasemissionen im realen Straßenverkehr"
  • Veraltetes Messverfahren NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

Verbrauchwerte beträchtlich über den Angaben aus der Werbung

Bereits zu lange hatten sich die Autofahrer in Deutschland und vielen anderen Ländern darüber geärgert, dass die Verbrauchswerte ihres Autos beträchtlich über den Angaben aus der Werbung lagen. Experten sprechen von bis zu über 40% Mehrverbrauch im Schnitt bei Ottomotoren.

Beim Diesel ging es besonders um die Schadstoffemissionen des Stickoxidausstoßes, die zum Teil ein Vielfaches der angegebenen Mengen erreichten. Dazu kamen dann noch die Skandale aus den letzten Jahren, in denen der Einsatz von “Schummelsoftware” zur Manipulation der Messwerte bei manchen Herstellern nachgewiesen werden konnte. Schon mit dem Start des WLTP in 2018 und spätestens mit der Einführung des WLTP Teil 2 mit der RDE Messung sollen jetzt neue Zeiten anbrechen.

Probleme mit der Einführung des WLTP

Dabei hatte die Einführung des WLTP im letzten Jahr noch zu einigen Aufregern geführt. Seit 2017 schon hatte das WLTP für ganz neue Typen der Autohersteller gegolten, ab September 2018 galt dies nun für alle Neuzulassungen. Vielerorts zeigte man sich nicht ausreichend vorbereitet. Es fehlte an Messstationen und ausreichend geschultem Personal, so dass sich für viele Modelle teils monatelange Wartezeiten ergaben, bevor sie endlich zugelassen und ausgeliefert werden konnten. Darüber hinaus zeigten sich manche Autofahrer mit einem Neuwagen höchst verstimmt über die plötzliche spürbare Anhebung ihrer KFZ-Steuer. Diese richtet sich nicht nur nach dem Hubraum, sondern auch nach den Schadstoffemissionen. Nachdem sich mit dem WLTC für die allermeisten Fahrzeuge die Werte teils drastisch erhöhten, musste mancher Autofahrer für sein neues Fahrzeug bis zu fünfmal so viel KFZ Steuer entrichten.

Die Steuer für Neuwagen konnte plötzlich teurer werden

Die Bemessungsgrenze für eine Zusatzsteuer hängt auch vom Baujahr des Fahrzeugs ab. So konnte es Neuwagenkäufern passieren, dass sie nach dem 1. September 2018 für ein identisches Fahrzeug erheblich mehr KFZ-Steuer entrichten mussten als für das gleiche Fahrzeug, das im Juli zugelassen worden war. Einerseits wurde zum 1. September der Grenzwert neu festgelegt und andererseits lagen die Messwerte mit WLTP plötzlich erheblich höher. Für früher zugelassene Fahrzeuge lag der Grenzwert, ab dem die Zusatzsteuer bezahlt werden musste, mit 95 Gramm um einiges höher statt wie ab 2018 bei 80 Gramm.

Der mögliche Höchstwert von derzeit 168 Gramm Stickstoffausstoß/Kilometer wird im Zuge der Bemühungen um ein besseres Klima in den nächsten Jahren weiter sinken. Neufahrzeuge dürfen ab 2020 höchstens 120 Gramm und dann nur noch 95 Gramm ausstoßen. Die Käufer von Elektroautos brauchen sich dagegen mindestens bis zum Ende des Jahres 2020 nicht mit der Steuer herumärgern. Sie sind von der KFZ-Steuer befreit. Für die Käufer neuer Autos mit Otto- oder Dieselmotor werden auf der EWG-Übereinstimmungsbescheinigung bis zum Jahr 2020 noch beide Werte, also die Ergebnisse nach NEFZ und WLTP angegeben. So hat man einen Vergleich.

Unterschiede WLTP 1 und WLTP 2

Die Unterschiede zwischen Teil 1 und Teil 2 des WLTP sind nach Angaben vieler Autohersteller jedenfalls nicht groß genug, dass sich ähnliche Verzögerungen wie im Jahr 2018 ergeben können. Dazu mögen natürlich auch die schlechten Erfahrungen aus dem Vorjahr beigetragen haben. So verkünden große Automarken, dass sie die Zulassungen für die meisten Modelle schon in der Tasche haben. Die Messstationen sind jedenfalls bereits gut besetzt und ausgestattet. Sie befinden sich in der Regel beim TÜV. Messungen und Prüfläufe werden stichprobenartig und bei Verdachtsfällen auch vom Kraftfahrt-Bundesamt überprüft bzw. beaufsichtigt. Dazu betreibt das KBA sogar ein eigenes Prüfgelände in Schleswig-Holstein.

Das WLTP 2 verschärft die zugelassenen Toleranzen bei den Messungen. Außerdem werden die Fahrkurven und die Schaltpunkte neu justiert. Darüber hinaus muss die Dokumentation der Messungen umfangreicher und genauer durchgeführt werden. Die Zeitdauer der Messung der Emissionen durch Verdunstung bei den Autoherstellern verdoppelt sich auf zwei Tage. Ebenso müssen die Autohersteller künftig zumindest beispielhaft nachweisen, dass die gemessenen Werte auch nach jahrelangem Betrieb des Fahrzeugs eingehalten werden.

Wie wird mit dem WLTP gemessen?

Im Unterschied zum NEFZ setzt das WLTP auf möglichst reale Bedingungen. All diese Messverfahren finden ja üblicherweise in Messstationen statt, in denen das Auto in einer Anlage auf Rollen läuft und die verschiedenen Bedingungen sozusagen künstlich simuliert werden. Das spiegelt jedoch häufig nicht das Fahrverhalten unter realen Umständen wider.

Die Bedingungen für das RDE Verfahren

Deswegen spielt die Messung der RDE, also der Real Drive Emissions eine wichtige Prüfrolle und Ergänzung des WLTC. Unterscheiden sich die Ergebnisse der RDE auffällig stark von denen der Messstation, ist das ein deutliches Signal. Bei den Messungen zu den RDE werden keine Vorgaben über die Geschwindigkeit, Art der Strecke, dem Wetter oder den Schaltvorgängen gemacht. So ergibt sich ein Bild, das dem individuellen Fahrverhalten näher kommt. Tatsächlich ergeben sich aus dem RDE Verfahren regelmäßig um 25% höhere Verbrauchs- und Schadstoffwerte. Bei den Messungen wird der Wagen mit einer mobilen Messstation ausgerüstet. Das RDE Verfahren sieht folgende Bedingungen vor. Zunächst wird das Auto mindesten 30 Minuten lang eingefahren und muss dann mindesten sechs Stunden völlig geschlossen abgestellt werden.

Für die üblichen gemäßigten Anforderungen soll das Auto dann bis zu einer Höhe von 700 Meter und in einem Temperaturbereich zwischen 0 und 30 Grad zwischen 90 und 120 Minuten gefahren werden. In dieser Zeit müssen sich die Anteile am Stadt-, Landstraßen- und Autobahnverkehr in etwa gleich hoch verteilen und sollen jeweils mindestens 23% bis höchstens 43% einnehmen. Dabei wird in der Stadt 0 - 60 km/h gefahren, während sich diese Bandbreite auf Landstraße und Autobahn auf 60 - 90 km/h bzw. 90 - 145 km/h erweitert. Dabei sollen 100 Höhenmeter überwunden werden. Individuelle Stromverbraucher des Autos (Klima, Entertainment) können nach Belieben zugeschaltet werden. Begonnen wird der Test immer mit dem Stadtverkehr. Kritiker bemängeln allerdings die 145 km/h Spitze auf der Autobahn, die unrealistisch sei.

Die Bedingungen beim WLTP

Wie bei allen Messverfahren, auf die sich verschiedene Länder oder die ganze EU geeinigt haben, spielen beim WLTP und dem dazugehörigen Messzyklus WLTC eine nahezu endlose Reihe von Faktoren eine Rolle. Jedoch stellen wir Ihnen natürlich die wichtigsten Unterschiede im Messzyklus vor. Der Zyklus wurde nach der Sammlung realer Fahrdaten aus 14 verschiedenen Ländern zusammengestellt und von Experten aus der EU, Indien und Japan entwickelt. Eigentlich unterteilt sich der Zyklus in drei verschiedene Leistungsklassen. Die allermeisten PKW und leichten Nutzfahrzeuge fallen heute jedoch in die höchste Klasse 3, die für Fahrzeuge ab einer Leistung von 34 Kilowatt je Tonne Gewicht gilt (PWr). In die Klasse 2 fallen damit höchstens einige leichte Busse und wenige Kleinwagen. Im Unterschied zum NEFZ hat sich nicht nur die Dauer und die Länge der Fahrtstrecke erhöht. Auch das Durchschnittstempo ist realistischer geworden, und die Schaltpunkte werden individuell gewählt.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt besteht darin, dass jetzt alle Modell- und Motorvarianten eines Fahrzeugtyps untersucht werden, das betrifft z.B. auch Reifengrößen, Sonderaufbauten und Fahrwerksunterschiede. Es werden vier Geschwindigkeitsbereiche beim Messverfahren simuliert, für die Mindestdauer, Mindestdistanzen, Beschleunigungswerte, Durchschnittsgeschwindigkeit und auch Stoppzeiten festgelegt sind und berücksichtigt werden. Die Durchschnittsgeschwindigkeit über alles wurde von 33,6 km/h beim NEFZ auf 46,6 km/h beim WLTC erhöht, die Dauer des Tests von 20 auf 30 Minuten. Die zurückgelegte Entfernung wurde von 11 auf knapp mehr als 23 Kilometer Gesamtstrecke ausgeweitet. Selbst den Temperaturbereich hat man enger eingegrenzt und angepasst. Er liegt jetzt zwischen 14 und 23 Grad statt wie bisher zwischen 20 und 30 Grad.

Kritik und Risiken der neuen Regelungen

Obwohl sich die Länder der Eurozone an und für sich einig sein sind und den Grenzwert bei der Norm Euro 6c bzw. Euro 6d auf jetzt 80 Stickoxid Gramm/Kilometer festgelegt haben, ergibt sich dennoch eine deutliche Diskrepanz zu dem weiterhin geltenden Höchstwert von 168 Gramm. Die Überschreitung der 80 Gramm Schadstoffausstoß wird zwar mit besagter erhöhter KFZ-Steuer sanktioniert, das hindert aber viele Hersteller und Käufer nicht daran, auf die Autos mit erhöhtem Ausstoß zurückzugreifen. Die Möglichkeit dazu wurde mit den sogenannten Konformitätsfaktoren geschaffen, die derzeit eine Überschreitung der Grenzwerte um das 2,1 fache, also eben auf 168 Gramm für Neuwagen ermöglichen.

Umweltausschuss und Rechtsausschuss des EU-Parlaments hatten sich teils mit knapper Mehrheit gegen diese Konformitätsfaktoren ausgesprochen, jedoch wurde die Vorlage 2016 mit 323 zu 317 Stimmen im EU-Parlament beschlossen. Das Gericht der Europäischen Kommission schob den Konformitätsfaktoren Ende 2018 einen Riegel vor, in dem es die Aufweichung der Grenzwerte als unrechtmäßig verurteilte. Derzeit prüft die EU-Kommission das Einlegen einer Berufung gegen das Urteil. Die ganze Regelung hängt also gewissermaßen in der Schwebe. Es kann durchaus sein, dass den Autoherstellern speziell der leistungsstarken und schadstoffintensiven Fahrzeuge seitens der EU noch unliebsame Überraschungen ins Haus stehen.