Autofahren kann anstrengend sein. Das ist eine Binsenweisheit, die vor allem im morgendlichen Stau oder bei langen Strecken auf der Autobahn gilt. Dazu kommt häufig das schlechte Wetter oder Spannungen unter den Mitfahrenden. Wenn man sich umhört, gibt es noch einige weitere Faktoren, die immer wieder genannt werden. Wir haben hier einige typische Belastungen ausgewählt, die fast jeder kennt.
Lesen Sie heute:
- Die Drängler
- Die Parkplatz-Rüpel
- Motorräder im Stau
- Gaffer bei Unfällen
Die Drängler
Rechtsüberholer
Es sind statistisch gesehen meistens Männer vor dem Erreichen der Lebensmitte, die anderen Fahrern auf der Autobahn das Leben schwer machen. Sie wollen schneller vorankommen und gehen dabei durchaus schon mal rücksichtslos vor. Das Überholen auf der rechten Spur ist tatsächlich nur in Ausnahmesituationen erlaubt, obwohl es sich immer mehr einzubürgern scheint. Das kann zu gefährlichen Situationen und schweren Unfällen führen, wenn man z.B. von der Mittelspur auf die rechte Spur wechseln will und sich nicht umschaut. Wenn die Polizei einen Rechtsüberholer erwischt, werden ein Bußgeld von 100 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig.
Wenn man als gefährdeter Fahrer Anzeige erstatten will, fällt es meist schwer, das Geschehen zu beweisen. Man muss sich nicht nur das Kennzeichen und den Fahrzeugtyp samt Farbe merken, sondern sollte auch in der Lage sein, den Fahrer zu beschreiben. Dazu ist es wichtig, sich die Position auf der Autobahn zu notieren. Wenn das alles trotz dem Verkehr auf der Autobahn möglich war, kann man die Polizei rufen und sollte dies natürlich nur mit einer Freisprechanlage machen. Wenn man dann allerdings keine Beifahrer hat, die das Geschehen bezeugen können, steht immer noch Aussage gegen Aussage. Daher sind solche Anzeigen sehr selten. Den regeltreuen Fahrern bleibt nur übrig, auch beim Spurwechsel nach rechts gut aufzupassen und sich möglichst nicht zu ärgern.
Der Raser, der von hinten kommt
Das fällt mit den gefährlichen Dränglern noch schwerer. Man ist z.B. beim Überholen einer LKW Kolonne und sie rasen von hinten heran. Jeder hat es schon erlebt, dass der nötige Sicherheitsabstand so sehr unterschritten wird, dass man noch nicht mal mehr den Kühlergrill im Rückspiegel erkennen kann. Dazu wird die Lichthupe immer wieder aufgeblendet und möglicherweise auch noch wild gehupt. In so einem Fall liegen versuchte Nötigung und eine Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Das ist ein Straftatbestand und kann teuer werden. Beim ersten Mal verhängen die Gerichte durchschnittlich 40 - 50 Tagessätze, also rund eineinhalb Netto-Monatseinkommen. Zwei Punkte in Flensburg kommen dazu. Ohne den wiederholten Einsatz der Lichthupe oder Hupe handelt es sich allerdings “nur” um eine Ordnungswidrigkeit wegen zu geringen Abstands. Bei besonders schweren Fällen aber und vor allem, wenn es durch das Drängeln zu einem Unfall kommt, kann ein Fahrverbot für sechs Monate dazukommen oder der Führerschein ganz entzogen werden.
Leider passieren immer wieder schwere Unfälle durch das Drängeln, weil solcherart bedrängte Fahrer in Panik geraten und unkontrolliert reagieren. Plötzliches Ausscheren auf eine andere Spur oder die instinktive Vollbremsung haben in dieser Situation häufig lebensgefährliche Folgen. Damit wird aus dieser vermeintlichen Unsitte ein echtes Verbrechen. Daher sind Polizei und Gerichte dazu übergegangen, Anzeigen gegen Drängler etwas anders zu bewerten als früher. In vielen Fällen werden Drängler inzwischen rechtskräftig verurteilt, auch wenn Aussage gegen Aussage steht. In Zeiten der zunehmenden Verwendung von Dashcams und mit Smartphones ausgestatteter Beifahrer werden häufig auch Fotos oder Filmaufnahmen des Geschehens als Beweismittel zugelassen. Ansonsten gelten für eine Anzeige alle die Bedingungen, die wir oben schon aufgeführt haben. Sollte die Anzeige Erfolg haben, gibt es aber vermutlich einen Drängler weniger auf den Autobahnen, denn im Wiederholungsfall werden die Strafen wirklich drastisch - das wissen dann alle Beteiligten.
Den schnellen Fahrern Platz machen
Was kann man als Fahrer eigentlich anderes tun als die Nerven zu behalten, möglichst Ruhe zu bewahren und bei nächster Gelegenheit sicher auf die rechte Spur zu wechseln? In vielen Fällen hilft schon vorausschauendes Fahren, obwohl es in diesem Fall eigentlich zurückschauend heißen müsste. Wenn man zum Überholen auf die linke Spur wechselt, ist es immer ratsam den Verkehr auf der linken Spur im Rückspiegel zu kontrollieren. Nähern sich schnell fahrende Autos mit 200 km/h oder mehr, ist es eindeutig klüger und rücksichtsvoller, wenn man sie erst vorbeiziehen lässt. Danach lässt es sich ohne Stress für alle Beteiligten sicher überholen.
Manche Fahrer verhalten sich allerdings absichtlich anders, um vermeintlich erzieherisch tätig zu werden und “es den Rasern zu zeigen”. Das ist nicht nur gefährlich, sondern verboten und hat in manchen Fällen schon zu Verurteilungen geführt - tatsächlich auch wegen Nötigung. Überhaupt fällt es manchen Menschen schwer, sich von einem Fehlverhalten aus Ärger oder Wut nicht anstecken zu lassen. Vielfahrer auf der Autobahn erleben es häufig, dass plötzlich praktisch eine Art Autorennen stattfindet, wenn ein Fahrer den anderen jagen und “bestrafen” will. Dann wird auch rechts überholt, man versucht sich auszubremsen oder dergleichen mehr. Da heißt es für jeden, der seine Nerven im Griff hat, möglichst Abstand zu halten und auf die berühmte “Nummer sicher” zu gehen.
Die Parkplatz-Rüpel
Die Bewohner der Großstädte sind leidgeprüft, wenn es um die Parkplatzsuche geht. Gerade vor Weihnachten und am Samstagvormittag sind die Innenstädte “dicht”. Freie Parkplätze zu finden, kann dann ein langwieriges Unterfangen werden. Man hat inzwischen gemessen, dass der sogenannte Parksuchverkehr im Innenbereich der Großstädte in Stoßzeiten bis zu 40% des Gesamtverkehrs ausmacht. Dynamische Parkleitsysteme oder kluge Assistenten wie das ŠKODA Connect System sollen zwar Abhilfe schaffen, aber die notwendige technische Ausstattung für die normalen Straßen liegt noch in weiter Ferne. Wer dann endlich einen Parkplatz gefunden hat, darf sich freuen. Es sei denn, es kommt ihm ein Parkplatz-Rüpel zuvor. Die Rechtslage ist an und für sich eindeutig. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das gilt jedenfalls für die richtige Straßenseite. Wer auf der gegenüberliegenden Straßenseite erst den Gegenverkehr abwarten muss, bevor er zum Einparken umkehren kann, ist gegenüber dem Fahrer auf der richtigen Seite nicht im Recht. Doch wer langsam und mit gesetztem Blinker vorgefahren ist, um rückwärts einzuparken, hat eindeutig das Recht und den Anspruch auf diesen Parkplatz.
Trotzdem entstehen dabei häufig unangenehme Situationen. Von hinten kommt ein anderes Auto, dessen Fahrer einfach vorwärts in die Parklücke fährt. Dann entsteht meist ein heftiger Streit. Zwar ist der erste Fahrer eindeutig im Recht. Aber wenn der Parkplatz-Rüpel nicht weichen will, gibt es praktisch keine Möglichkeit, dieses Recht durchzusetzen. Denn es ist fast unmöglich das Fehlverhalten des anderen Fahrers zu beweisen. Wenn man in seiner Wut die Polizei ruft, kann diese meist nicht helfen. Wenn man den anderen Fahrer gar am Wegfahren hindern will, hat man im Gegenteil schnell selbst eine Klage am Hals. Schnell tritt ein Fall von Beleidigung oder Nötigung ein. Das gilt umso mehr, wenn man sich zu Handgreiflichkeiten hinreißen lässt. Jährlich kommt es zu Hunderten von Schlägereien in solchen Fällen, die meist mit Verurteilungen wegen Körperverletzung enden. Das kann für Autofahrer besonders unangenehme Folgen haben, denn bei den Richtern können bei so einem Fall Zweifel an der Eignung für den Straßenverkehr entstehen. Ebenso problematisch ist es, wenn jemand einen Parkplatz besetzt oder freihält. Darüber kann man sich schon richtig aufregen, aber jeder Versuch die freihaltende Person durch Heranfahren zu verdrängen, kann vor Gericht enden. Wegen der nicht eindeutigen Rechtslage ist man dann ganz von der Auslegung des Richters abhängig. Bei Streitigkeiten um den Parkplatz ist es zwar besonders bitter, aber dennoch gilt hier der alte Satz vom Klügeren, der besser nachgibt.
Motorräder im Stau
Da steht man in einem Stau und hört im Radio, dass es noch eine oder mehr Stunden dauern kann. Das ist natürlich sehr unangenehm. Wenn man es dann noch eilig hat, weil der Chef im Betrieb oder die Frau/der Mann zu Hause warten, staut sich der Ärger gewaltig. Manche Autofahrer halten das nicht aus. Sie nutzen den Standstreifen oder gar die Rettungsgasse, um doch noch voranzukommen. Keine gute Idee, denn die Strafen dafür sind gerade massiv erhöht worden. Wer die Nerven verliert, denkt zwar meist nicht vernünftig, aber 240 Euro, ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte in Flensburg sind schon happig. Die allermeisten Fahrer halten sich doch lieber an die Regeln. Umso größer ist dann die Wut, wenn sich Motorräder durch den Stau schlängeln. Sie fahren links außen, rechts außen, in der Rettungsgasse oder in der schmalen Lücke zwischen zwei Spuren. Bei großer Hitze haben viele Autofahrer ja noch ein Einsehen, weil das Stehen in der prallen Sonne für einen Motorradfahrer in voller Montur mit Helm eine große Belastung darstellt. Aber darf er sich deswegen im Stau einen Vorteil verschaffen?
Nein, nach der Rechtslage darf er das nicht. Für Motorradfahrer gelten hier exakt die gleichen Regeln wie für Autofahrer. Welche Regel gerade verletzt wird, hängt dabei ganz von der Art des Überholens ab. Der linke Seitenstreifen auf der Autobahn darf nicht überfahren werden, zudem ist beim Überholen ein Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter nach links und rechts einzuhalten. Das sind bei einem Überholen links außen schon mal zwei Ordnungswidrigkeiten. Das Fahren auf dem Standstreifen bleibt auch verboten und wird mit gestiegenen Bußgeldern geahndet, auch wenn die Diskussion seit Jahren geführt wird. Der Gesetzgeber hat eindeutig entschieden, dass die Gefährdung zu groß ist. Wenn das Befahren des Seitenstreifens beispielsweise zum Verlassen der Autobahn für Motorradfahrer erlaubt würde, könnte die bei gutem Wetter hohe Zahl der Motorradfahrer auch den Standstreifen blockieren und Rettungskräfte behindern. Passieren beim Schlängeln durch den Stau Unfälle, kann das Fehlverhalten der Motorradfahrer sogar zu echten Problemen für die Autofahrer führen. Diese werden ja durch die überholenden Motorräder zwar genervt, weil sie selber ja im Stau stehen bleiben müssen. Aber wenn die Autokolonne wirklich still steht, verursachen die Motorradler nicht wirklich Nachteile für sie an.
Doch wenn ein Autofahrer unbedacht die Tür öffnet oder mit dem Wagen ausschert und es kommt zu einem Unfall, trägt der Autofahrer eine Mitschuld. Und das kann teuer werden. Eines jedoch stimmt. Es gibt keinen Paragraphen in der Straßenverkehrsordnung, der es ausdrücklich verbietet, dass Motorradfahrer Lücken im Stau nutzen. Daher muss die Polizei ihnen jeweils ein einzelnes der oben beschriebenen Vergehen nachweisen. Das ist in den meisten Fällen aber schwierig.
Gaffer bei Unfällen
Sie sind eine wahre Plage. Und egal, wen man fragt, immer heißt die Antwort: “Gaffen geht gar nicht. Würde ich nie tun”. Man muss sich also fragen, wo die vielen Gaffer eigentlich herkommen. Denn viele sind es in der Tat, die sich bei Unfällen oder ähnlichen Ereignissen um den Ort des Geschehens versammeln. Die Sensationsgier und die Sucht nach Aufmerksamkeit, die man durch “Live-Bilder” in den sozialen Medien erhalten kann, beeinflussen offensichtlich das Verhalten gegen jeden Anstand und gegen jede Vernunft.
Allein im Bundesland Niedersachsen hat sich die Zahl der Verkehrsunfälle, bei denen Gaffer die Rettungsarbeiten behinderten, von 747 im Jahre 2017 auf 857 in 2018 erhöht. Das sind aber allein die Fälle, in denen die Gaffer erfasst wurden. Da es bislang keine eigens erfasste Ordnungswidrigkeit oder den Straftatbestand des Gaffens gibt, werden diese Fälle statistisch nicht als eigene erfasst. Sie werden nur dann aufgenommen, wenn die Polizei wegen anderer Bestände zur Anzeige greift. Das kann dann vor allen Dingen sein
- unterlassene Hilfeleistung. Das bringt eine Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft.
- Behinderung der Rettungskräfte. Wird mit dem gleichen Strafmaß belegt.
- Aufnahmen mit Kamera oder Smartphone. Hier reichen die Strafen bis an zwei Jahre Haft heran und richten sich gegen die zur Schau Stellung einer hilflosen Person.
- Widerstand gegen die Staatsgewalt. Hier reichen die Strafen auch in ähnliche Bereiche hinein, speziell, wenn durch dieses Verhalten andere Menschen gefährdet werden oder zu Schaden kommen.
Demnächst wird die bildliche Aufnahme von verstorbenen Personen ebenfalls ins Strafregister übernommen. Schon heute aber haben staatliche Organe die Polizei generell dazu aufgerufen zukünftig härter durchzugreifen.
Richtiges Verhalten rettet Leben
Dabei ist es eigentlich selbstverständlich, wie man sich bei einem Unfall verhalten sollte. Gehört man zu den ersten Personen, die am Geschehen eintreffen, sichert man die Unfallstelle und leistet erste Hilfe, so möglich. Alle weiteren Autofahrer sollten natürlich die Rettungsgasse bilden und freihalten, damit überhaupt weitere Hilfe kommen kann. Am Unfall fährt man vorsichtig, aber zügig vorbei und macht keine Foto- oder Filmaufnahmen. Wer würde sich denn später gern schon als Unfallopfer in den sozialen Medien wiederfinden? Psychologen nehmen an, dass das Gaffen zwar die Sensationslust befriedigen soll, aber das Filmen darüber hinaus noch zusätzlich eine Art Filter für die Wahrnehmung einbaut, durch den man das Geschehen nicht an sich heranzulassen braucht. Im Gegenteil, statt echt betroffen zu sein, kann man sich hinterher noch fragwürdigen Beifall bei Facebook und co abholen. Da sind echte Ersthelfer doch von ganz anderem Schrot und Korn. Ihnen gebührt unsere Anerkennung.