Immer noch zählt für viele Kunden die tatsächliche Reichweite eines Elektroautos als entscheidendes Kaufkriterium. Jeder, der zum Beispiel mit dem NISSAN LEAF eine Probefahrt gemacht hat, zeigt sich begeistert von vielen Eigenschaften des Fahrzeugs. Immer wieder wird das unvergleichliche Fahrgefühl im LEAF genannt. Die rasante Beschleunigung bei fast lautlosem Lauf überzeugt alle, die es nicht auf brüllende Motoren abgesehen haben. Dazu kommen die vielen Assistenzsysteme, die in vielen Situationen den Fahrer entlasten und die Sicherheit stark erhöhen. Man lobt die Geräumigkeit im LEAF und die gute Verarbeitung aller Teile. Dennoch scheut so mancher von einem Kauf zurück, auch wenn er von den Angaben zur Reichweite eigentlich keinerlei Probleme zu erwarten hätte. Das liegt häufig an einem gewissen Misstrauen gegenüber den Angaben zum Verbrauch und damit auch der Reichweite. Das liegt allerdings nicht am Hersteller NISSAN, sondern bezieht sich auf die allgemeine Situation für den Verbrauch von Autos.
Die Autofahrer wollen genauere Angaben zur Reichweite
Das Vertrauen in die Angaben der Hersteller hat in den letzten Jahren deutlich gelitten. Zu häufig ergaben sich hohe Differenzen zwischen dem versprochenen Verbrauch und den tatsächlichen Werten, die man im Alltagsbetrieb “herausfuhr”. Unterschiede von 30% und mehr enttäuschten die Fahrer vieler Modelle von fast allen Marken. Einen relativ verlässlichen Aufschluss gaben dann meist erst die Testberichte des ADAC, von “auto motor und sport”, Heise und anderen Unternehmen. Der Abgasskandal in letzter Zeit bei einigen großen Marken tat ein Übriges, um die Kunden und Verbraucher nachhaltig zu verunsichern. Kann man den Angaben von Autoherstellern überhaupt noch trauen? NISSAN jedenfalls ist stark bemüht, dass die Angaben zur Reichweite und zum Verbrauch so realistisch wie möglich ermittelt werden. Hierzu wollen wir heute ausführen, welche Messverfahren derzeit und in naher Zukunft angewendet werden.
Neue Messverfahren für die Reichweite, den Verbrauch und die Emissionen
Viele Kunden haben den Wechsel der Bezeichnungen in den letzten Monaten bemerkt, sind sich aber dennoch nicht ganz schlüssig, was die alten und neuen Abkürzungen denn wirklich bedeuten sollen. Die Rede ist von “ENFZ”, “WLTP” und “RDE”. Diese drei Abkürzungen stehen für unterschiedliche Messverfahren, die den Verbrauch und damit die Reichweite eines Fahrzeugs ermitteln sollen. Dabei ist der “Neue Europäische Fahrzyklus” (ENFZ) das älteste Verfahren und geht in seinen Ursprüngen bereits auf die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Damals hielt die Ölkrise die Welt in Atem und der tatsächliche Verbrauch eines Autos erlangte plötzlich kaufentscheidende Bedeutung. Davon profitierte auch NISSAN. Denn als der damals produzierte Kleinwagen NISSAN SUNNY 1973 in den USA den staatlich initiierten Benzinverbrauchstest gewann, schnellten die Verkaufszahlen rapide nach oben. Seit dieser Zeit wird der ENFZ mit einigen Entwicklungen in Europa angewendet. Da sich der ENFZ aber relativ leicht beeinflussen lässt, hat man seit September 2017 ein neues Verfahren in Gang gesetzt, das realistischere Werte ermitteln soll. Der Name hinter der Abkürzung WLTP klingt etwas sperrig. Mit „Worldwide Harmonized Light Duty Vehicles Test Procedure“ wird ein Testzyklus bezeichnet, den alle Hersteller durchlaufen müssen, bevor sie ein neues Fahrzeug in den Verkauf bringen. Beide Verfahren sind allerdings reine Laborverfahren. Die Werte werden also nicht im realen Straßen- und Autobahnverkehr ermittelt. Das soll sich im September 2019 bei NISSAN und allen anderen Herstellern ändern. Zu den zwei Testzyklen kommt ein dritter hinzu. Der “Real Driving Emissions” Test (RDE) soll die Emissionen, den Verbrauch und damit die Reichweite unter realen Bedingungen ermitteln. Im Folgenden wollen wir Ihnen die drei verschiedenen Verfahren etwas näher erläutern.
Reichweite und Verbrauch mit dem NEFZ (Neuer Europäische Fahrzyklus)
In der Übergangsphase dieses alten und des neuen Verfahrens WLTP kann es passieren, dass Sie als Kunde beide Angaben nebeneinander finden. Dabei werden Sie feststellen können, dass die Werte des NEFZ meist besser ausfallen, also einen geringeren Durchschnittsverbrauch eines Autos angeben. Der NEFZ fand, wie gesagt, im Labor statt. Zunächst wurden die Fahrwiderstände des zu messenden Autos ermittelt, meint also die Luftwiderstände und die Rollwiderstände. Diese Werte wurden auf einen Rollenprüfstand übertragen. Dann begann der Messzyklus mit dem jeweiligen Fahrzeug. Der NEFZ dauerte etwa 20 Minuten. Er beinhaltete etwa 13 Minuten Bedingungen aus einer Stadtfahrt und etwa 7 Minuten Bedingungen wie sie auf Landstraße und Autobahn bestehen. Eine Art Kaltstart gehörte ebenfalls dazu. Wie konnte denn eine solche Messung so stark abweichende Werte ergeben?
- für den sogenannten Kaltstart wurde der Wagen auf 30 Grad vorgeheizt.
- die Beschleunigung war unrealistisch gering.
- die Höchstgeschwindigkeit im Test lag nur bei 120 km/h.
- die Ermittlung des Rollwiderstands entsprach nicht den wirklichen Bedingungen.
- die freie Gangwahl bzw. die Automatik ermöglichte eine stark untertourige Messung.
Dazu kamen möglicherweise Tricksereien, die manchen Herstellern vorgeworfen wurden. Minimalisiertes Gewicht, ein erhöhter Reifendruck, verklebte Fugen, eine abgeklemmte Batterie und die ausgeschaltete Klimaanlage, so lauteten nur einige der Vorwürfe.
Das neue Verfahren: WLTP (Worldwide Harmonized Light Duty Vehicles Test Procedure)
Für eine exaktere Messung ist beim WLTP der Fahrzyklus für den Test erweitert worden. Das betrifft zunächst die Strecke, die im Test zurückgelegt wird. Sie ist jetzt doppelt so lang. Es werden vier statt wie bisher zwei Geschwindigkeitsbereiche gemessen, nämlich Low, Medium, High und Extra-High. Dabei werden immerhin 130 km/h erreicht. Die Beschleunigungskurve hat ebenfalls stark zugenommen. Das Gewicht der Autos wird nicht nur mit Insassen bewertet, sondern auch für die unterschiedlichen Varianten eines Modells berechnet. Dazu kommt ein erweiterter Temperaturbereich. Leider gehört auch bei diesem Testzyklus der Betrieb der Klimaanlage nicht dazu, die den Verbrauch nach aller Erfahrung deutlich erhöht. Im Prinzip gilt, dass jeder Stromabnehmer im Fahrzeug sich den Strom von der Batterie oder dem Akku holt. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor steigt dann der Benzinverbrauch, bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen mit Akku sinkt entsprechend die Kapazität.
Die Emissionen werden geprüft - RDE (Real Driving Emissions)
Nachdem seit 2015 der Abgasskandal hauptsächlich für Dieselfahrzeuge das Land bewegte, wurde es schnell klar, dass reine Labortests viel Spielraum für manipulative Eingriffe ermöglichten. Dementsprechend reagierte die Europäische Kommission mit der Einführung eines erweiterten Messverfahrens. Zwar richtet sich dieser Testzyklus hauptsächlich auf den Ausstoß von Schadstoffen, beinhaltet dabei aber natürlich auch die Ermittlung von Verbrauchswerten. Dieser Test wird unter realistischen Verkehrsbedingungen ablaufen. Zum Test gehört der normale Stadtverkehr, Berg- und Talfahrten sowie Fahrten auf Schnellstraßen mit Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h je nach Fahrzeugtyp. Dabei werden unterschiedliche Temperaturen und Höhenlagen mit einbezogen und das Gewicht verschiedener Insassenzahlen und Fahrzeugausstattungen berücksichtigt. Die Gesamtdauer des Tests soll zwischen 90 und 120 Minuten liegen, die zu gleichen Teilen in der Stadt, auf der Landstraße und auf der Autobahn gefahren werden sollen. Zuvor wird das Auto 30 Minuten lang eingefahren, begonnen wird immer mit dem Stadtanteil. Während der Fahrten werden in der ganzen Zeit Abgas- und Verbrauchswerte ermittelt. Damit steht dann für den Verbraucher erstmals ein Test zur Verfügung, der sich an wirklichen Bedingungen orientiert. Dementsprechend sollten auch verlässliche Werte herauskommen.
Grenzen der Messverfahren
Kein noch so guter Test kann allerdings die individuelle Fahrweise eines Autofahrers berücksichtigen. Wer mit dem sprichwörtlichen Bleifuß fährt, wird nach wie vor sehr hohe Verbrauchswerte erleben und das Ergebnis so einer Fahrweise an der Tankstelle oder an der Ladestation präsentiert bekommen. Jedoch lassen sich aus einer Kombination der Ergebnisse von WLTP und RDE schätzungsweise gute Durchschnittswerte ermitteln, die jeder Fahrer im Alltagsbetrieb erreichen können sollte.
Die Messungen für Elektroautos wie den NISSAN LEAF
Elektrisch betriebene Fahrzeuge fahren unter gänzlich anderen Bedingungen wie Autos mit einem Verbrennungsmotor. Daher sind für die Ermittlung der WLTP Werte die Testbedingungen für Elektroautos wie den NISSAN LEAF variiert worden. Fahrzeuge, deren Antrieb auf dem Strom aus einem Akku beruht, werden in der Testsprache als “BEV” bezeichnet. Dahinter verbirgt sich der Begriff “Battery Electric Vehicles”. Der WLTP Test muss für Elektroautos um den Stromverbrauch in den unterschiedlichen Fahrsituationen erweitert werden, aus dem man dann auf die tatsächliche Reichweite des Wagens schließen kann. In der alten NEFZ Messung waren zum Teil Werte gemessen worden, die wenig mit der Realität zu tun hatten. So wurde zum Beispiel für den Renault Zoe mit seinem 41 kWh Akku eine Reichweite von 400 Kilometer angegeben, ein Wert, der von Renault selbst schnell auf 300 Kilometer im Sommer und 200 Kilometer im Winter reduziert wurde. Für den ersten LEAF gab es zwar keine solch starken Unterschiede, dennoch wurde der WLTP Test bei NISSAN begrüßt. Denn nur mit realistischen Werten, die auch aus dem Kreis der Käufer bestätigt werden, lässt sich ein Fahrzeug wie der NISSAN LEAF auf Dauer erfolgreich verkaufen. Der WLTP Test für Elektroautos, also BEV´s, beinhaltet sogar eine Art Simulation einer dauerhaften Autobahnfahrt, die wegen der geringeren Rückaufladung durch Bremsvorgänge die Akkus der BEV´s besonders belastet. Die Rückaufladung, deren genaue Bezeichnung Rekuperation lautet, wandelt die kinetische Bremsenergie des Fahrzeugs wieder in elektrischen Strom um. Dieser wird an die Batterie zurückgeleitet und erhöht so die Reichweite. Diese Rekuperation spielt auch im WLTP Test für BEV´s eine große Rolle. Dennoch spiegelt der WLTP für Elektrofahrzeuge immer noch nur die reine Laborsituation wider. Das wird sich erst mit den Zahlen aus dem RDE Test ändern.
Der WLTP für elektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV´s)
Wenn ein NISSAN LEAF den WLTP Test absolviert, geht das folgendermaßen vor sich. Nach Messung der Roll- und Luftwiderstände wird der Wagen auf die Messanlage gestellt. Hier fährt er eine Abfolge des WLTP Zyklus mit wechselnden Geschwindigkeiten, gefolgt von einer Dauerfahrt mit 100 km/h. Das dritte Segment des Tests bildet sich aus dem sogenannten City-Zyklus, der aus “Low”- und “Medium”-Geschwindigkeiten mit Bremsvorgängen besteht. Das letzte Segment bildet wieder die Dauerfahrt mit 100 km/h. Die Dauer dieses Prüfverfahrens ist nicht vorgegeben, sondern ergibt sich aus der Gesamtkapazität des Akkus. Nach dem dritten Segment im Test, also dem City-Zyklus, darf nur noch 10% der Ladekapazität vorhanden sein. Das vierte Segment wird dann abgebrochen, wenn das Fahrzeug mehr als vier Sekunden unterhalb der 100 km/h bleibt, also seine Leistungsgrenze erreicht hat. In jedem Segment wird der Stromverbrauch in allen Teilen des LEAF gemessen. Hieraus wird dann die Werksangabe errechnet, mit der NISSAN die Reichweite des LEAF beziffert. Genau wie beim WLTP für Verbrennungsmotoren werden auch in diesen Testreihen unterschiedliche Gewichte und Fahrzeugvarianten berücksichtigt. Da es sich also um eine Hochrechnung aus verschiedenen Einzelmessungen handelt, ergeben diese Messergebnisse immer gemittelte Werte, die sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug oder eine individuelle Fahrweise beziehen können. Der offizielle Stromverbrauch eines NISSAN LEAF oder eines anderen BEV wird mit einer zusätzlichen Messung ermittelt. Nachdem die Batterie bzw. der Akku im erweiterten WLTP leergefahren wurde, wird die Batterie anschließend wieder komplett aufgeladen und der dafür benötigte Strom gemessen. Hierbei werden die üblichen Ladeverluste natürlich herausgerechnet.
Das Netz der Ladestationen
Anhänger des elektrischen Fahrens können allerdings auch unabhängig von der tatsächlichen Reichweite ihres Wagens auf der Autobahn optimistisch in die Zukunft schauen. Das Netz der Ladestationen in Deutschland und ganz Europa wächst Tag für Tag. Zwischen dem ersten Quartal 2017 und dem dritten Quartal 2018 sind die Zahlen nahezu explodiert. Lag die Zahl der Ladestationen Anfang 2017 noch bei 5680, hat sie sich in nur 18 Monaten nahezu verdoppelt und erreicht jetzt den Wert von 10.252 Stationen, die sich im ganzen Land verteilen.